In Südamerika

Unser Reiseblog

Kategorie: Argentinien (Seite 2 von 4)

Im Gänsemarsch

Nicola wandert nicht so gerne. Ich eigentlich schon, leider haben wir nicht so viel dabei. Ich habe keine richtigen Wanderschuhe und wir haben nur einen kleinen Rucksack. Trotzdem will ich immer mal wieder ein bisschen hier wandern, mehr spazieren gehen, weil man vieles der spektakulären Natur nur zu Fuß bewundern kann. Um Ushuaia rum ist das aber leider grauenhaft. Eigentlich ist es traumhaft schön. Eisblaue Seen,  Hochmoore mit verwundenen Bächen, Biberdämme… Und viele Menschen.

Der Weg zur Laguna Esmeralda ist einer der eher bekannte hier unten und als wir auf der Herfahrt am Wochenende vorbei kamen standen an der Straße über Kilometer die Autos weil der Parkplatz voll war. Wir kamen dann dienstags wieder und der Parkplatz war nicht komplett voll, also bin ich los. Die Wanderung dauert hin und zurück etwa 3 Stunden und führt durch zwei Hochmoore auf verschiedenen Höhen, vorbei an einem der Großen Biberdämme bis eben hin zur Laguna. Es gibt zwar eine gewisse Markierung des Wegs aber keine echte Begrenzung. Trotz dessen, das es unter der Woche war, hat man immer Menschen vor und hinter sich gesehen und diese Massen bleiben nicht immer auf den wegen. In dem zweiten Moorstück fehlt dann auch noch die Markierung weil man ja sieht wo man hin will, sodass sich hunderte breiter Trampelpfade durch die Landschaft pflügen und damit das Moor nahezu vollständig zerstören.

Oben am eigentlichen See hatte ich die wohl einzigen fünf Minuten Sonne dort, dann hat es angefangen zu schneien. Alles in allem war die Wanderung also schon schön, aber es hat einem auch immer wieder das Herz geblutet bei all der Zerstörung. In Argentinien gibt es höchstens in Nationalparks ein geregeltes Wandernetzwerk und niemand kümmert sich wirklich um die Wege außerhalb der Parks, genauso wie es keine Radwege gibt.

Am Ende der Welt

Ushuaia ist einer dieser Orte, die einem normalerweise nichts sagen. Doch wenn man sich dann erstmal mit anderen Reisenden unterhält ist Ushuaia eines der zentralen Wörter. Ein Sehnsuchtsort für viele Globetrotter und ein Wendepunkt in vielen Reiserouten. Denn ist man erstmal in der Stadt angekommen, gibt es nur noch eine Richtung um weiterzureisen: Nach Norden. Ushuaia ist nämlich die südlichste Stadt der Welt, die noch mit dem Auto zu erreichen ist. Es gibt zwar noch ein zwei südlichere Städtchen, aber dafür braucht man unüberwindbar ein Schiff und kann das Auto getrost stehen lassen. Zugegebenermaßen brauchten wir auch eine Fähre um nach Feuerland überzusetzen, doch von dem Fähranleger aus sind wir noch etwa 450km weit gefahren um bis Ushuaia zu kommen.

Dort erwartete uns dann eine überraschend große Stadt, viele Touristen und Outdoor-Shops und eine beeindruckende Sicht auf die im Meer versinkenden Ausläufern der Anden, abgetrennt durch den Beagle-Kanal. Den fast besseren Ausblick bot aber unser Übernachtungsplatz am Flughafen. Der liegt nämlich auf einer kleinen Halbinsel vor Ushuaia und der Blick auf die riesigen, teilweise noch schneebedeckten, Berge mit den Gletschern und zu deren Füßen die ausgebreitete Stadt war wirklich schön. Dann konnten wir noch der Sonne zusehen, wie sie langsam im Wasser versank und obwohl wir wenig windgeschützt standen waren wir uns einig, dass das einer der besten Plätze zum Übernachten war. Der Flughafen, der rund um die Uhr geöffnet ist, hat warme und saubere Toiletten, freies WLAN und die Menge an Fluglärm ist so gering, dass sie überhaupt nicht stört.

Da es sich trotzdem aufgrund der relativ großen Stadt und der vielen Menschen aber trotzdem noch nicht so richtig wie das Ende der Welt angefühlt hat, haben wir beschlossen bis an den wirklich südlichsten Punkt zu fahren, den man mit dem Auto erreichen kann. Der liegt zwar nur minimal südlicher als Ushuaia selbst, aber dort endet die Straße einfach im Nichts. Die Schotterpiste führt erst durch den hügeligen Wald, dann lange an der Küste entlang und wird dabei immer schmaler. Letztendlich landet man an einer kleinen Marinestation und dort endet die Straße. Rings um uns waren nur noch Bäume und Wasser, und etwas entfernt auf der anderen Seite des Beagle-Kanals die restlichen Berge, die auch noch zu Chile gehören. Und weiter südlich kommt lange nichts, bis man auf dann die Antarktis trifft. Es ist schon ein sehr schräges Gefühl, wenn man sich das dort bewusst macht. So nah an der Antarktis werden wir vermutlich nie wieder sein. Andererseits haben wir dann gesehen, dass wir auch nicht viel weiter vom Ecuator entfernt sind als Kiel es ist… Trotzdem ein spezieller Ort und für uns südlichste Punkt unserer Reise. Jetzt geht’s nordwärts!

Endlich Wald

Nachdem wir jetzt etwa 4000 Kilometer nach Süden gefahren sind, sind wir in Feuerland angekommen. Die Landschaft wurde auf dem letzten Abschnitt der Strecke geprägt durch Wind und Staub und braunes Gras und braune, kniehohe Büsche. Das ganze soweit das Auge reicht. Die ersten 1000 Kilometer ist das noch beindruckend. Die zweiten tausend dann ganz nett weil man so entspannt geradeaus fahren kann. Aber danach wird es etwas anstrengend und die Augen beginnen sich nach grün zu sehnen und nach mehr Begrenzung des Blickfelds als ein paar Berge am Horizont.

Nach Feuerland kommt man nur mit der Fähre und das war auch schon ein Abenteuer. Bei starkem Seitenwind führte die Straße einfach ins Meer und da legte dann ein Boot an von dem man sich nicht sicher ist ob es den Kräften der Natur wird trotzen können. Die Reifen berührten kurz das Wasser während man zusammen mit ein paar LKW, die die ganze Fahrt über beängstigend schaukelten, auf die Fähre fuhr. So schlimm war es dann aber gar nicht und ich hatte irgendwie erwartet auf Feuerland würde sich die Landschaft dann ändern. Nix wars. Weiterhin flache Steppe.

Die ersehnte Änderung kam dann etwa 250 Kilometer südlich auf der argentinischen Seite und das sehr plötzlich. Der Wald fängt tot an. Ausgeblichene Gerippe von Wäldern ziehen sich über die Hügel, aber es stehen immer öfter kleine Grüppchen noch lebender Bäume dazwischen. Dann wehen plötzlich Flechten wie Algen von dem toten Holz und lässt sie noch geisterhaft wirken, aber man sieht auch, dass viele der eigentlich toten Bäume doch irgendwo sprießen. Und wenn der Wald dann komplett grün geworden ist merkt man erst, wie sehr man das vermisst hat.

Geschlafen haben wir dann mit grandiosem Ausblick hinter Tolhuin an einem Aussichtspunkt von dem man ins Tal auf den eisblauen See und den Wald und sehr viele Biberdämme schauen konnte.

Wir haben uns, weil wir natürlich trotzdem Bilder von der Reise haben wollen eine kleine Digi-Cam gekauft. Nichts grandioses und ich hadere immer wieder mal mit ihr und hauptsächlich fotografiert Nicola, aber jetzt gibt es immerhin wieder Bilder.

Nachtrag: Buenos Aires

In Buenos Aires hatten wir tatsächlich das erste Mal Schwierigkeiten damit, eine Unterkunft für uns zusammen mit unserem Auto zu finden. Bisher gab es immer ein Hostel mit einem sicheren Parkplatz in der Einfahrt, auf dem wir schlafen konnten, aber diesmal fanden wir leider keines. Wir konnten letztendlich in einem sicheren Viertel direkt vor einem Hostel parken und waren damit zufrieden. Wir haben dort sogar zufällig ein bekanntes Gesicht wiedergetroffen, einen Argentinier der auch gleichzeitig mit uns in Santiago im Hostel war.

Buenos Aires an sich hat uns beiden eigentlich ganz gut gefallen, obwohl es natürlich eine unglaublich riesige und dicht besiedelte Stadt ist. Wie viele andere südamerikanische Metropolen hat auch Buenos Aires viele Parks und Grünflächen und ein gut funktionierendes Metronetz.

Am ersten Tag (28. Dez.) haben wir uns die Innenstadt angeschaut, deren Fußgängerzone aus zwei langen orthogonalen Straßen besteht. Dort gibt es eine kleine Mall, die in einem relativ alten Gebäude untergebracht ist, die „galerías pacifico“. Sehenswert auch deshalb, weil viele Gemälde an die Wände und auch auf das Kuppeldach gemalt wurden. Im Erdgeschoss haben wir eine gut besuchte Eisdiele gefunden, die uns auch schon in der IOverlander-App wärmstens empfohlen wurde. Allgemein haben wir gelesen, dass das Eis in Argentinien sehr gut sei und original italienisch, im Gegensatz zu Pizza an vielen Stellen… Das Eis wurde dort auch wie in Italien in Aluminiumtöpfen mit Deckel versenkt in einer Theke gelagert, nicht wie bei uns sichtbar im Schaufenster. Und es gab auch keine Kugeln, sondern das Eis wird mit einem Spachtel in Waffeln oder Becher gefüllt. Deshalb werden die Preise nie nach Kugeln berechnet, sondern nach Kilo. Zusammen haben wir uns ein halbes Kilo bestellt, aus vier verschiedenen Sorten bestehend. Und der Verkäufer hat schwuppdiwupps die richtigen Töpfe geöffnet und jeweils schnell eine große Menge in den Becher verfrachtet und es zum Schluss auf die Waage gestellt. Und es waren auf das Gramm genau 500g! Wir waren sehr beeindruckt, und auch der Verkäufer hat gelacht. Nebenbei schmeckte das Eis auch noch verdammt gut, besonders Bananensplit hatte es uns angetan. Das funktioniert erstaunlich gut als Eissorte und nicht nur als Dessert mit richtigen Bananen.

Am zweiten Tag wollten wir dann bei strahlendem Sonnenschein einen Ausflug in das Naturreservat direkt an der Küste machen, allerdings hat uns das Wetter leider einen Strich durch die Rechnung gemacht. Da es in den beiden Nächten zuvor heftige Regenschauer gab, war der Zutritt zum Naturreservat aufgrund der aufgeweichten und matschigen Wege untersagt worden und der Park hatte vorsorglich gleich bis ins neue Jahr hinein geschlossen. Pech für uns, so lange wollten wir dann doch nicht länger in B.A. bleiben. Stattdessen haben wir den wirklich eindrucksvollen Friedhof von Recoletta besucht. Dort sind hauptsächlich die Berühmten, Reichen und Mächtigen begraben. Der Friedhof gleicht einer kleinen Stadt, jedes „Grab“ hat ein ganzes Häuschen oben drauf, teilweise aufwendig verziert, und die Familiengruft unten drunter. Später haben wir gemerkt, dass das doch nicht so außergewöhnlich ist wie man denkt, denn sogar die kleinsten Käffer durch die wir später durchgefahren sind hatten so einen Friedhof. Zwar kleiner, aber auch aus der Ferne deutlich zu erkennende kleine Häuser, mal prunkvoller und mal schlichter.

Am nächsten Tag haben wir dank des Tipps aus unserem Hostel einen riesigen Straßenmarkt besucht. Viel Krimskrams, viel Kitsch, aber auch teilweise echt hübsche Sachen. Ganz in der Nähe befand sich auch die alte Markthalle, durch die wir dann auch noch geschlendert sind.

Der 31. Dezember war dann eher trostloser Tag. Alles hatte geschlossen, sogar Supermärkte, die Metro hatte einem reduzierten Fahrplan und nicht mal Restaurants oder Fastfoodketten hatten offen. Schlecht für uns, da wir eigentlich vorhatten essen zu gehen… Wir haben dann doch noch eine Pizza ergattern können und warteten dann Videos schauend im Hostel auf Mitternacht, um von der Dachterasse Feuerwerk schauen zu können. Das hat sich dann aber eher als Reinfall entpuppt: Zwar war auf der Terrasse eine Party im vollen Gange, aber die erwarteten Raketen gab es so leider nicht. In Argentinien wird fast gar nicht geböllert, kein Supermarkt hatte Feuerwerk im Sortiment. Also haben wir uns an der handvoll Batterien in der Ferne erfreut und das alte Jahr im Stillen verabschiedet.

Am 1. Januar sind wir dann aufgebrochen und weiter Richtung Süden gereist, mit dem nächsten größeren Ziel Ushuaia, die fast südlichste Stadt der Welt. Auf jeden Fall das Südlichste, was man mit dem Auto erreichen kann.

Nachtrag: Ein besonderer Grenzübergang

Einer der aufgeschobenen Beiträge von vor dem Kameradiebstahl. Er Schließt an die Zeit aus den Thermen in Uruguay an. Viel Spaß.


Nachdem wir bei den Thermen ein bisschen relaxt hatten, starteten wir am nächsten Morgen in Richtung Concordia in Argentinien. Die Stadt liegt in der Region Entre Rios, die ihren Namen aufgrund der zwei großen Flüsse erhalten hat, die im Osten und Westen entlang des Gebietes fließen. Der östliche Fluss, Rio Uruguay, ist die Landesgrenze zum gleichnamigen Nachbarland. Und eben dort kann man auf der Höhe von Concordia ein beeindruckendes Gemeinschaftsprojekt der beiden Länder besuchen: einen riesigen Staudamm mit 14 Turbinen.

Das Informationszentrum auf der uruguayanischen Seite bietet kostenlose geführte Touren an und praktischerweise waren wir zu dem Zeitpunkt die Einzigen dort, weshalb wir kurzerhand eine „Privatführung“ bekamen. Das war insofern ganz praktisch, als dass wir die Infos rund um die Anlage in einem für uns verständlichen gekürzten Spanisch bekamen. Zusätzlich gab es eine wirklich hochwertige Broschüre sogar auf Englisch, was für Südamerika extrem ungewöhnlich ist. Wir wurden in einen klimatisierten Bus gesetzt und zu den verschiedenen Besichtigungspunkten gefahren. Zuerst ging es zu den Wasserschleusen und der Fischtreppe, danach in die Turbinenhalle und zum Schluss noch zu einer vergleichsweise kleinen Photovoltaikanlage auf der uruguayanischen Seite.

Die gewonnene Energie des Staudamms geht zu gleichen Teilen an die beiden Länder. Bei Argentinien macht diese nur einen geringen Teil des Energieverbrauchs aus, aber bei dem deutlich kleineren Uruguay werden damit über 50% des Gesamtenergiebedarfs gedeckt. Den Rest gewinnt das Land durch Biomasse, Windkraft und Solarenergie, also zu 100% durch erneuerbare Energien. Und damit ist es eines der ersten Länder, die das schaffen, was alle Länder erreichen sollten.

Kurze Zeit nach der interessanten Führung fuhren wir dann erneut über den Staudamm, diesmal in unserem eigenen Auto, und ließen Uruguay hinter uns mit dem nächsten Ziel Buenos Aires.

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